2019 · Peter Androsch · Musiktheater
Mit Texten von Silke Dörner, Bernhard Doppler und Peter Androsch
4 Schauspielerinnen, 5 Schauspieler, 3 Sängerinnen, 3 Sänger, Chor, Orchester
Die Abschnitte
01 Tableau vivant I
02 Memo / Megamonolog
03 Journal der siebten Klasse vom November 2017
04 Der Stotterer
05 Kürnberger Wald
06 Aufstehen Setzen
07 Die Kunst des Aufzeigens
08 Bernhard Doppler erzählt von Erich Gintner
09 Der stumme Chor
10 Über das Stottern
11 Bei den Engeln
12 Lehrstück
13 Das Alphabet der Welt
14 Der Große Schlaf
15 Pause
16 Tableau vivant II
17 Die Herrschaft des Wahnsinns
18 Bernhard Doppler erzählt vom Besuch in Amerika
19 Seit wir tot sind
20 Die Zerstörung der Welt durch Unterricht
21 Zeugnisarie
22 Zeugnismusik
23 Die Schule ist sehr alt
24 Der Stotterer Fine
25 Der unstumme Chor
26 1938
27 1968
28 1999
29 2019
01 TABLEAU VIVANT I
Das Bild orientiert sich an zwei Fotografien, - am Maturafoto von Geli Raubal und an diesem 120 Model Tableau vivant. Um das nachgestellte Maturafoto soll ein üppiges Menschentableau stehen, das man beim Eintritt in den Saal sofort sieht. Unglaublich! Ganz eingefroren. So wie wenn alle Menschen aus den über 100 Jahren seit 1918 da stehen. Und das 10 Minuten lang. Natürlich sind alle Darsteller inkl. Chor integriert, denn sie müssen wohl auch singen und sprechen.
Maturafoto 1927, Geli Raubal in der Mitte http://www.artandcomic.com/blog/archives/287
Die Schule ist das Akademische Gymnasium in Linz, im Volksmund nach der Adresse „die Spittelwiese“ genannt. Prototypische Menschen des 20. Jahrhunderts waren hier Schüler. Beginnend bei Ludwig Boltzmann, der sich im Schloss Duino am Dachboden erhängt, nicht lange bevor der Schüler der benachbarten Lehrerbildungsanstalt, Rainer Maria Rilke, dort seine "Duineser Elegien" schreibt, und durchaus erinnernd den Musikrevolutionär Anton Bruckner, ebenfalls in der Hofgasse in der Präparandie (Lehrerbildungsanstalt) hörend lernend, dann in einem Blick zurück Josef Ressel, der Schiffsschraubenerfinder, Johannes Kepler, Lehrer hier, während die Schule Universität werden sollte, - was vom Wiener Hof verhindert wird, und die vertriebenen Schüler John S. Kafka, Neffe von Hitlers Hausarzt Eduard Bloch, - dann der führende Psycholanalytiker der USA bis heute, sein Kollege Hans Kronberger, der Schöpfer der Atommacht des United Kingdom, mysteriös verstorben (ermordet?) in den 70er-Jahren, dann der Literaturwissenschaftler Alfred Doppler, - alle diese Figuren bewegen sich in einem recht kleinen Areal der Stadt: auf der Spittelwiese, ihrer Umgebung, kurz in Linz, Innere Stadt. (Heute leben in der Metropolregion Linz, laut Eurostat-Erhebung von 2012, rund 760.000 Menschen.)
Die Geschichte des Akademischen Gymnasiums ist an sich schon europaweit einmalig. Als ältestes Akademisches Gymnasium vom protestantischen Adel 1542 gegründet, in der Gegenreformation mit Zwang rekatholisiert, von Jesuiten übernommen. Seitdem auch ein Hort jener, die ihre Kinder nicht total dem Katholizismus überlassen wollen. Gleichzeitig als Frucht der Gegenreformation ein Hort großdeutscher Sehnsucht. Im 20. Jahrhundert kamen in der Schule neben der Mehrheit der Katholiken (meist in den A-Klassen) Protestanten, Juden, Sozialisten, Kommunisten und Nazis zusammen. Aus dieser vergleichsweise kleinen Stadt - aus dem Umkreis der Schule also - kommen erstaunlich viele Menschen, die die Welt auf so unvergleichliche Weise geprägt haben, - nämlich als Massenmörder: Adolf Hitler, Adolf Eichmann, Ernst Kaltenbrunner, August Eigruber.
Das mögliche Personal, das sich in und um die Schule gruppiert, eignet sich zu einem riesigen Tableau vivant.
Wir erzählen die Geschichte der Spittelwiese, rund ums Akademische Gymnasium, die Geschichte der Innenstadt, der Stadt Linz, von Österreich, Europa, der ganzen Welt. Wir erzählen von der Schule.
(Musik laut, massiv, konvulsisch, ein Riesenblock, bricht ab)
02 MEMO / MEGAMONOLOG
(Die alte Dame)
Ab und zu Klänge als Duft und Akzentsetzung. Es gibt eine Menge Akkorde, die in allen möglichen Varianten von Klavier, Vibraphon, Melodika oder Orgel gespielt werden können - also angeschlagen, zerlegt, schnell, langsam, leise als zeitweilige Untermalung, laut als Akzent zwischendrin, als Akkordfolge als Zwischenspiel etc.
Die alte Dame ist gleichzeitig viele Personen, ein bißchen wie Leonard Zelig oder Putti Eichelbaum oder gar Jack Torrance. Die Namen der sprechenden Personen sind als Orientierung in Klammer angegeben. Manche Namen sind verändert, aber mit gleichen Anfangsbuchstaben. Ob die Namen genannt werden, ist offen. Die Abschnitte sollen zu einer fließenden Erzählung aneinander gefügt werden.
Der Text kann auch anders geordnet werden und auf das ganze Stück aufgeteilt werden.
(Johann Siegmund Kafka)
Wir erzählen die Geschichte der Spittelwiese, des Akademischen Gymnasiums, die Geschichte der Innenstadt, der Stadt Linz, von Österreich, Europa, der ganzen Welt. Wir beginnen mit dem Jahr 1918 und erzählen irgendwie jedes Jahr bis heute: 1919, 1920, 1921 - da bin ich geboren. Manchmal komme ich mir vor wie Leonard Zelig oder Putti Eichelbaum oder gar Jack Torrance. Jetzt bin ich John S. Kafka, aus der Old Georgetown Road, in Bethesda, in Maryland. Das ist eine "senior living facility". Dann erzählen wir die Jahre 1922, 1923, 1924, 1925, 1926, 1927, 1928, 1929, 1930, 1931, 1932, 1933, 1934, 1935, 1936, 1937, 1938, 1939, 1940, 1941, 1942, 1943, 1944, 1945,, 1946, 1947, 1948, 1949, 1950, 1951, 1952, 1953, 1954, 1955, 1956, 1957, 1958, 1959, 1960, 1961, 1962, 1963, 1964, 1965, 1966, 1967, 1968, 1969, 1970, 1971, 1972, 1973, 1974, 1975, 1976, 1977, 1978, 1979, 1980, 1981, 1982, 1983, 1984, 1985, 1986, 1987, 1988, 1989, 1990, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, und das Jahr 2019. Ein bißchen mehr als mein Leben. Wir sehen und hören vielleicht Schauspieler, ein, zwei oder drei, kombiniert mit anderen Stimmen, Sängerinnen und Sänger, Soprane, Mezzo, Tenor, Baritöner, Chor, hoch oder tief, laut oder leise, Instrumente, sogar ein Orgelpositiv.
Aufgewachsen bin ich in Linz, in der Landstraße 36, als Johann Siegmund Kafka. Während der Schulzeit ging ich täglich den gleichen Weg. Raus aus dem Haus, nach links und bei der Hausnummer 24 wieder nach links in die Spittelwiese. Zuerst in die Volksschule auf Nummer 8, dann ins Gymnasium auf Nummer 14. Mit 13 Jahren wurde ich in ein Internat in Frankreich geschickt. Aber bis zum Anschluss 1938 war Linz mein Zuhause, und ich habe bis dahin praktisch alle meine Ferien in Österreich verbracht.
und
(Stefan Ruzowitzky)
Nachdem meine Eltern aus Deutschland nach Linz gekommen waren, bin ich ab 14 in der Spittelwiese in die Schule gegangen. Vorher war ich in Düsseldorf in der Schule. Täglich bin ich aus der Unionstraße 47 raus und links die Straße bis zur Unionkreuzung gegangen. Dort bin ich meist in die Straßenbahn gestiegen. Manchmal, wenn noch genügend Zeit war, bin ich durch die Bahnunterführung zur Blumau geschlendert, an der Trinkhalle vorbei in die Landstraße hinein. Gegenüber vom Passage-Kaufhaus bin ich links in die Spittelwiese eingebogen. Wohl genauso wie Alfred Doppler in den 30er-Jahren. Als er täglich aus der Unionstraße 50 in die Spittelwiese ging. Nach dem letzten Schultag in den Achtziger Jahren bin ich diesen Weg nie mehr gegangen und werde ihn nie mehr gehen. Nur ab und zu komme ich zurück nach Linz, wenn irgendjemand in der Stadt wieder auf den Oscar-Preisträger stolz sein möchte.
und
(Alfred Doppler)
Die jüngste Festschrift des Gymnasiums habe ich erst dort zu lesen begonnen, wo der Erste Weltkrieg beschrieben wird, die Protestanten und Jesuiten waren mir wurscht. Ich war über das Buch ein wenig irritiert, da meine Schulzeit von 1931 bis 1941 so beschönigend und verharmlosend beschrieben wurde. Nichts richtig Falsches, Schlimmes ist auszumachen, nur lauter "Leistungsträger." Auch im christlichen Ständestaat gab es KZs. Ins Lager Wöllersdorf wurden zwei Freunde aus meinem Wohnblock, Sozialisten, gebracht, in Wöllersdorf fanden auch Hinrichtungen statt. Die Haftanstalten der Heimwehr schienen bisweilen sogar sadistischer als die Gestapo-Haft später an Katholiken. Den von der Gestapo verhafteten Englisch-Lehrer Balduin Sulzers, Pater Valentin aus Wilhering durften wir in der Haft besuchen. Wir Schüler haben ihm auch Zigaretten ins Gefängnis gebracht. Pater Valentin war angezeigt worden, weil er, Englischlehrer, angeblich den Feindsender höre.
Die politischen Umstände änderten sich ja mehrmals in kurzer Zeit. Wann musste man aus der Schule ausscheiden, wann gehörte man wieder dazu? Das war die Frage. Fast unheimlich ist das Beispiel meines Klassenkollegen Erich Alfred Quer. 1936 wird Erich vorübergehend wegen nationalsozialistischer Betätigung der Schule verwiesen – er ist überzeugter Nationalsozialist! Ich glaube, er war HJ-Führer in Urfahr. Und gleichzeitig, wie sich zwei Jahre später herausstellt: Jude. 1938 wird Quer deshalb aus dem Gymnasium ausgeschlossen und emigriert mit seinen Eltern in die USA.
und
(Erich Alfred Quer)
Hier am Mount Moriah Cemetery in Kansas City, Jackson County, Missouri bin ich schon seit 2011. Seit damals bin ich tot. Ich denke immer wieder an Linz zurück. Seit 1928 ging ich täglich auf die Spittelwiese. Ich bin gern in die Schule gegangen. Aber dann sagten die Nationalsozialisten, dass ich Jude sei. Deshalb mussten meine Eltern, Alfred Felix and Josepha Salzer Quer, und ich 1939 in die USA ausreisen.
In Albany studierte ich Medizin, bevor ich mit dem U.S. Army Medical Corps von 1947 bis 49 in Japan und den Philippinen war. Dann betrieb ich über Jahrzehnte mit meinen Partnern den Research Medical Center "Hartwig, Quer and Doering" in Kansas City. Das Akademische Gymnasium hat mich übrigens auch später nicht ganz losgelassen, auch wenn ich in Linz die Matura nicht machen durfte. Einmal bin ich zu einem Treffen meiner Klasse gefahren. Allerdings konnte ich mit meinen Mitschülern in Linz fast nur noch Englisch sprechen. Deutsch ist mir abhanden gekommen.
Die Weber Family hat am 31. August 2011 meinem Nachruf diese schönen Zeilen angefügt:
Quer Family: Death leaves a heartache no one can heal, love leaves a memory no one can steal.
und
(Daniela und Andreas Aichberger)
Es war eine schöne Zeit in den Siebzigern. Mein Bruder und ich gingen in die Oberstufe auf der Spittelwiese. Obwohl wir so nahe an der Schule wohnten, kamen wir oft zu spät. Vom Hauptplatz brauchten wir nur über die Klosterstraße durch das Landhaus laufen und über die Promenade in die Herrenstraße. Schon waren wir im Schulhof. Dann ging's noch schnell rauf in die Klasse.
Jeden Tag kamen die Freunde aus unserer Klasse und der Parallelklasse zu uns nach Hause. Entweder in der Mittagspause oder einfach so am Nachmittag. Wir hörten Musik, diskutierten über Literatur, Politik, Geschichte. Mein Bruder fing schon damals an, so oft wie möglich ins Kino zu gehen. Es ist ihm geblieben. Er arbeitet bis heute für Film und Fernsehen. Ich bin beim Theater gelandet.
und
(Wendelin Ettmayer)
Nach der Matura studierte ich Jus und ging in den diplomatischen Dienst. Nach einer Reise als parlamentarischer Emissär kam ich leider ordentlich unter Druck. Wir reisten im Auftrag der Regierung nach Rumänien, um die Menschenrechtssituation zu begutachten. Österreich plante nämlich, tausende rumänische Flüchtlinge in ihre Heimat abzuschieben. Zugegeben, neben unseren Recherchen feierten wir im Hotel Bucuresti quasi auf Rumänisch, also mit entsprechenden Promillewerten. Wir hatten dadurch wenig Zeit, uns mit Oppositionellen zu treffen. Leider schrieben das alles die Gauner von der Presse. Obwohl sie die meiste Zeit selbst dabei waren. Wir hätten die Dienstfahrt "offensichtlich in eine Alkohol- und Gunstgewerblerinnen-Mission umfunktioniert", hieß es. Ich zog mich dann als Sicherheitssprecher zurück.
und
(Über Enrica Handel-Mazzetti)
Immer wieder haben wir uns gefragt: wer war diese Frau? Wer war die Frau gegenüber? Sie ging höchstens an einem Sonntag zur Messe in den Dom - mit Kopftuch! Sie scheute die Öffentlichkeit so wie heute vielleicht Elfriede Jelinek. Wir haben oft mit ihr gefensterlt und, wenn die Fenster offen standen, Papierflieger aus dem Klassenzimmer in ihre Wohnung geschossen.
Seit 1927 versuchte die österreichische Regierung, dass sie in Oslo den Nobelpreis bekommt; gewaltige Feiern wurden in Linz zu ihrem 60. Geburtstag veranstaltet, für die sich die Dichterin auf der ersten Seite der Tageszeitungen wortreich bedankte. Schüler führten in "Lebenden Bildern" Szenen aus ihren dicken Romanen vor. Es war Enrica von Handel-Mazzetti. Sie trug das "von", obwohl in Österreich seit 1918 das Tragen von Adelstiteln bei Strafe verboten war (und noch ist).
und
(Der Taxifahrer)
In der Zeit, als Linz sich darauf vorbereitete, Europäische Kulturhauptstadt zu werden, führte ich in meinem Taxi immer genügend Zettel mit, die ich an die Fahrgäste verteilte. Darauf stand der angeblich längste Satz der deutschen Literatur, der von Hermann Bahr aus der Herrenstraße 12 stammte. Er musste nur über die Straße gehen, um in seiner Schule zu sein. Der Ausriss aus Bahrs "Selbstbildnis" war mit "NUR EIN SATZ (Eine Herausforderung)" übertitelt.
und
(Hermann Bahr)
Es war nicht weit in die Schule. Ich ging von der Herrengasse 12 zuerst in die Stifterschule, das war die Volksschule in der Spittelwiese 8. Später war es noch kürzer, als ich ins Gymnasium kam. Da musste ich nur einmal über die Straße und in den Hofeingang, links in den Gang und die geheime, enge Wendeltreppe hinauf. Mit fünfzehn kam ich in ein Internat nach Salzburg.
Mein ganzes Leben war unstet. Ich studierte in Wien, Graz, Berlin und Czernowitz. Da musste ich die Universität wegen antisemitischer Reden verlassen. Und ich arbeitete in Paris, Berlin, Wien, Salzburg und schließlich in München. Ich wurde über Nacht bekannt. Mein Roman "Die gute Schule" war ein Skandal. Meine Überzeugung war, dass die Liebe die gute Schule der wirklichen Weisheit ist, - man kann ihre Lehre das ganze Leben nicht wieder vergessen. Es ging natürlich um Sex. Das hat die Leute provoziert.
und
(Alfred Maleta)
Ich bin sehr sparsam mit dem Du. Am liebsten bin ich eigentlich allein. Immer noch. Introviert. Ja, ein introvertierter Politiker. Eigentlich ein Widerspruch. Ausnahme sind Frauen, wertvolle Frauen, wo, wie soll ich das sagen, „der Sex nicht Selbstzweck“ ist. Für mich ist das Ideal der englische Gentleman, eine frühere Freundin nannte mich einen Smokingmensch. Vielleicht haben mich manche Mitschüler auch für arrogant gehalten. Aber respektiert haben mich alle. Ohne Abschreiben wäre nichts aus mir geworden. So etwas sollte man nie vergessen.
Geli wurde von den Schülern wie ein Engel verehrt, auch von mir. Doch nach der Matura 1927 ist sie nach München gegangen und hat bei ihrem Onkel Adolf gewohnt. Hat ihr nicht gut getan. Natürlich, sie war mein Schwarm. Das wussten alle. Ich habe ihr immer wieder Vorträge gehalten. Ich glaube, dass Geli völlig unpolitisch war und gar nichts mitbekam. Hitler war einfach nur der Onkel Adi.
Ich habe Geli beim Nachhauseweg immer bei ihrer Tante abgeliefert. Die war vielleicht streng. Doch als Tanzpaar haben wir den Maturaball eröffnet. Aber am schönsten, ja richtig romantisch, war mit ihr ein Ausflug in den Kürnbergerwald. Und zwar weil plötzlich ein Gewitter kam und es zu gießen begann. Da habe ich sie klatschnass in den Armen gehalten ...
Ich bin nach dem Studium zur Vaterländischen Front. Das hat nichts geholfen gegen die Nazis, aber die Sozis haben wir wenigstens aus dem Weg geräumt. Eine Zeit lang hatten Ernst Kaltenbrunner und ich dieselbe Freundin. Der war von Anfang an Nazi und SS-ler. Jedenfalls bin ich 1938 gleich im KZ gelandet, zuerst in Dachau, dann in Flossenbürg.
und
(Ludwig Boltzmann)
Ich weiß, ich bin eigentlich schon zu lange tot. Aber ich erinnere mich gern an meinen Klavierlehrer. Es war der junge Anton Bruckner, der zwanzig Jahre vor mir geboren wurde. Ich hatte noch zwei Geschwister. Mein Bruder Albert war nach mir der zweitbeste Schüler an der Spittelwiese in Linz. Er starb jedoch schon mit 16 Jahren an einem Lungenleiden, wahrscheinlich Tuberkulose. Meine Schwester Hedwig starb in geistiger Umnachtung. Auch ich war schon in der Schule schwermütig. Obwohl ich keinerlei schulische Probleme hatte. Im Gegenteil. Und meine wissenschaftliche Karriere an den Universitäten Graz, Wien, München und Leipzig machte mich berühmt. Nach meinem Tod hat Albert Einstein meine atomistischen Entwürfe bestätigt. Ich jedenfalls habe mich in Duino aufgehängt. Da, wo zehn Jahre später Rainer Maria Rilke die "Duineser Elegien" geschrieben hat. Der René war ja in seinem Linzer Jahr Schüler in der Handelsakademie in der Hofgasse und wohnte neben der Spittelwiese in der Herrenstraße, beim Verleger Hans Drouot.
und
(Christine Brunmayr)
Es war wirklich nicht weit von mir zu Hause in die Schule. Wir hatten die Wohnung am Taubenmarkt. Da musste ich nur ein paar Schritte die Landstraße entlang gehen und dann bei der Buchhandlung in die Spittelwiese einbiegen. Ich war alle acht Jahre in der A-Klasse. Obwohl ich viele Freunde in der B-Klasse hatte. Im Jahresbericht 1980/81 habe ich Publizistik als Berufswunsch angegeben. Das habe ich dann auch studiert. Inzwischen lebe ich in Paris und komme nur noch selten nach Oberösterreich. Meine Eltern leben im Mühlviertel und sind schon sehr alt. Regelmäßig besuche ich in Linz eigentlich nur einen Freund, der in der B-Klasse war, und seine Familie.
und
(Veit Relin)
Mein Vater war Polizist und meine Mutter Hausfrau. Ich bin auf die Spittelwiese in die Volksschule gegangen. Das war auf Nummer acht, die Schule hat Stifterschule geheißen. Mein Vater merkte früh, dass mich das Kino mächtig anzog. Darum meldete er sich häufig (als Polizist) für den Kino-Dienst, da gab es Freikarten für ihn und eine Begleitperson. Während er meistens rasch einschlief, sog ich alles in vollen Zügen ein. Es ist verwunderlich, dass ich keinen seelischen Schaden davontrug, derart erregte mich das Gesehene. Ich verkroch mich unter den Kinositz und weinte. Mit 12 war ich dann schon Statist am Linzer Landestheater.
Dann kam Hitler und der Krieg. Alles, was noch laufen konnte, wurde mobilisiert, auch die Statisten am Landestheater. Meine große Stunde schlug. Jeden Abend ein anderer Bart. Die Maskenbildner hatten Mühe, mein Milchgesicht in einen Ratsherrn oder einen reifen Mann zu verwandeln. Bald wurden die Theater geschlossen, aber das Bruckner-Konservatorium funktionierte noch. Und als Tenor war ich sehr gefragt. Ich musste den jungen Sängerinnen ein Gesangspartner sein, was mich viel Kraft und letztlich auch das hohe C kostete. Meine zarte Tenorstimme verkraftete die vielen Mädchen nicht, sie zog sich zurück.
Als ich zum Kriegsdienst verpflichtet wurde, bestand ich auf einer Untersuchung beim Stabsarzt – und der war das Glück meines Lebens. Ein Theaternarr! Er fragte nach meiner Profession und ich spielte ihm Romeo und Carlos vor. Dafür gab er mir (mit geflüsterten Worten: „Bis dahin ist der Krieg aus.“) den notwendigen Stempel, der mich auf weitere zwei Monate von der Wehrpflicht entband. So kam es, dass ich in meinem langen Leben nie eine Uniform tragen musste.
und
(Sabine Gruber)
Jeder weiß, dass sich kein Kind um 8 Uhr in der Früh konzentrieren kann. Da sind sich alle einig.
Was machen wir?
Wir schleppen die leblosen Körper in die Schule rein, weiß wie Mauern, Zombies.
Jeder weiß, dass sich niemand 6 Stunden hintereinander konzentrieren kann.
Was machen wir?
Wir zwingen die Kids sechs Stunden in die Stühle, halb gefesselt, halb runterfließend, halb schlafend.
Und alle laufen jeden Tag wie Schafe in die Schule rein: Schüler und Lehrer.
Und die Eltern schauen untätig zu, statt dem Blödsinn ein Ende zu bereiten.
und
(Adolf Eichmann)
Früher wussten die meisten Linzer, dass der Laden Elektro Eichmann von meinem Vater gegründet und später dann von meinen Brüdern geführt wurde. Noch 1960, als ich entführt und verhaftet worden war, trat meine Familie auf den Plan, um einen guten Verteidiger zu finden. Die Bischofstraße verbindet parallel zur Spittelwiese die Landstraße mit der Herrenstraße. In diesem Geviert waren wir oft unterwegs. Einkaufen, Zuckerl beim Zuckerl-Schwager holen oder zum Greißler. Ich bin an der Spittelwiese immer nur vorbeigangen. Nie bin ich hineingegangen. Ich kannte die Schule nur von außen.
Ich bin in die Staatsrealschule gegangen, in der Fadingerstraße. Da habe ich auch Ernst Kaltenbrunner kennengelernt. Er hat es im Gegensatz zu mir bis zur Matura geschafft. Ich bin immer durchgefallen, so wie Hitler.
und
(Micha Shagrir)
Meine Eltern flüchteten, als ich erst ein Jahr alt war. Wir hatten großes Glück. Ich bin in der Bischofstraße als Michael Schwager geboren, - in dem Haus, in dem schon mein Vater und mein Großvater geboren wurden. Ich bin das letzte jüdisch geborene Kind in Linz vor dem Anschluss. Unsere Familie hatte eine Zuckerl-Fabrik und ein Zuckerl-Geschäft. Es war als Zuckerl-Schwager recht bekannt. Einige der Familie sind nach dem Holocaust sogar nach Linz zurück gekehrt. Ich bin in Israel geblieben.
Ich arbeitete lange an meinem Filmprojekt "Bischofstraße 7". Der Film war als sehr persönliche und auch historische Sicht von Linz geplant, unter anderem weil mich die absurde Nachbarschaft meiner Familie mit der Familie von Adolf Eichmann in der Bischofstraße immer wieder zum Denken anregte. Ich habe den Film gemeinsam mit dem ebenfalls aus Linz stammenden israelischen Historiker Shlomo Sand gemacht.
Sechzig Jahre lang war diese Stadt für mich ein zufälliger Geburtsort. Durch die Begegnungen mit Menschen im heutigen Linz und die emotional teilweise sehr aufwühlenden Gespräche, die ich im Laufe dieses Projektes führen konnte, ist sie zu einem integralen Teil meiner Identität und meines Schaffens geworden. Jetzt fließt auch die Donau in mir, wie schon der Jordan und manch anderer Fluss, den ich zuvor überquert habe.
und
(Paulus Angerlehner)
Am Anfang habe ich meine Kinder täglich von der Schule abgeholt. Ich bin von der Harrachstraße 18 raus, über die Dametzstraße zur Landstraße, rechts die Straßenbahn entlang und beim Passage-Kaufhaus links die Spittelwiese rein. Manchmal habe ich auch die Landstraße überquert und bin gleich in die Bischofstraße bis zur Herrenstraße. Rechts dann bis zur Spittelwiese vor. Inzwischen wollen die beiden aber meist alleine gehen oder mit Freunden etwas machen. Als ich so alt wie meine Kinder war, habe ich fast alles von Thomas Bernhard gelesen. Auch seine fünf autobiographischen Erzählungen. Irgendwo nennt er die Schule eine Geistesvernichtungsanstalt. Ich weiß, Bernhard hat auch Wien als Genievernichtungsanstalt bezeichnet. Er ist halt ein Übertreibungskünstler. Aber im Grunde hat er Recht. Denn das Schulsystem hat sich bis heute nicht seinen Ursprüngen aus dem Militär gestellt. Es bräuchte wohl so etwas wie eine Historikerkommission dafür. Das immanent Autoritäre ist das Lächerlichste an der Schule. Titel, Grüßen, Aufstehen usw. Nein, Demokratie kommt in der Schule gar nicht vor. Obwohl sie das Wichtigste ist. Eine demokratische Schule, die mit dem Teilen und Herrschen einmal Schluss macht. Das würde ich mir wünschen.
und
(Geli Raubal)
Bevor ich nach München gegangen bin, bin ich täglich von der Dinghoferstraße die Bürgerstraße links rauf bis zur Landstraße und dann die Tram entlang bis zur Spittelwiese. Oder ich bin in der Bürgerstraße gleich rechts abgebogen in die Schubertstraße bis zum Hessenplatz. Den Hessenpark querend zur Johann-Konrad-Vogel-Straße bis zur Landstraße. Es gab viele Möglichkeiten, zur Spittelwiese zu gelangen. Mit der Frieda konnte ich nie gehen, denn die kam von der Hafenstraße 6. Also von einer ganz anderen Richtung. Die ging meist über die Holzstraße zur Lederergasse, weiter zum Pfarrplatz und über den Hauptplatz zur Landstraße und auf die Spittelwiese. Aber wichtiger als der Schulweg am Morgen war mir der Heimweg. Denn da begleitete mich oft der Alfred. Wir machten eine Menge Umwege, dass es länger dauerte, bis ich zu Hause war. Einmal saßen wir im Hessenpark, dann im Schillerpark oder einfach im Garten hinter unserem Haus. Oft half er mir bei den Hausaufgaben. Machmal gingen wir auch rauf zum Schloss und weiter in den Kürnberger Wald. Ab und zu war auch Frieda dabei. Oft lachten wir über die Lehrer, besonders über Klug und Foppa. Foppa hat immer ausgeschaut wie Andreas Hofer aus einem Defregger-Bild. Später habe ich ihn mit Onkel Adolf bekannt machen können. Es war auf der Klassenfahrt nach München. Ich bin ja in München geblieben und hab mich dort bald erschossen. Deshalb konnte ich nicht verhindern, dass Alfred ins KZ kam. Von 1938 bis 1941 war er in Dachau und Flossenbürg gefangen. Ein Graus.
und
(Richard Tauber)
"Der Tenor Richard Tauber wurde am 16.5.1891 in diesem Haus geboren", steht auf der Tafel am Haus Herrenstraße 11, dem heutigen Hotel "Schwarzer Bär". Die Tafel erinnert an mich.
Hier kam ich eigentlich als Richard Denemy zur Welt. Als uneheliches Kind. Meine Mutter war die Soubrette Elisabeth Seyffert, mein Vater der Schauspieler Richard Anton Tauber. Erst 1913 hat mich mein Vater adoptiert. Meine Mama war oft auf Tournee. Deshalb wuchs ich zeitweise bei Pflegeeltern auf. Aber während der Volksschulzeit war der Weg auf die Spittelwiese und von der Spittelwiese eine Konstante. Jeden Morgen trottete ich aus Urfahr über die Brücke zum Hauptplatz, durch die Schmidtorstraße in die Landstraße und endlich zur Spittelwiese 8, stieg die Stufen hinauf zur Volksschule, die Stifterschule genannt wurde, gleich neben dem Gymnasium.
und
(Schulärztin)
Die Öffnung für Mädchen hat 1922 mit Leopoldine Kranich begonnen. Bis 1935 haben jeweils ein bis vier pro Jahr maturiert. Davon ist wohl Angela Raubal im Maturajahrgang 1927 am interessantesten, die Lieblingsnichte Adolf Hitlers. Aber 1935 verwehrte dann der Ständestaat den Mädchen den Schulbesuch. Bis 1948 gab es keine weiblichen Schüler. Schließlich maturierte Herlinde Razinger 1955 als erstes Mädchen nach dem Krieg. Doch bis 1966 blieb der Frauenanteil unter 10%. Dafür wurden zwischen 1940 und 1944 vermehrt Frauen als Lehrerinnen eingesetzt. Eine Ironie der Geschichte ist, dass erst Hitler die Spittelwiese zu einer überwiegend katholischen Schule gemacht hat. Die Nazis schlossen die konfessionellen Schulen. Die Mehrheit der nun heimatlosen Schüler suchte also einen Ersatz. Als humanistisches Gymnasium bot die Spittelwiese eine geeignete Alternative. Inzwischen ist die Schule überwiegend weiblich.
und
(Hermann Foppa)
Ich war bis 1945 Lehrer am Akademischen Gymnasium. Nach 1945 bin ich dem Volksgericht knapp entkommen, weil meine Lehrerkollegen erfolgreich für mich Fürsprache eingelegt hatten. Wie viele andere bin ich von den Amerikanern in Glasenbach interniert worden. Ich bin meiner nationalen Überzeugung aber treu geblieben. Mit Robert Haider war ich lange befreundet. Darum bin ich auch 1950 der Taufpate seines Sohnes Jörg geworden.
Mein Traum war der Anschluss von Österreich an das deutsche Reich. Nur deshalb verehrte ich Hitler, weil Hitler der Vollstrecker dieses geschichtlichen Auftrags war. Schon früh - seit 1920 - war ich in der Großdeutschen Volkspartei Österreichs. Ehe diese Partei 1933 verboten wurde, war ich auch ihr Partei-Obmann. Geli Raubal hat uns 1927 in München mit Hitler bekannt gemacht. Damals war er noch nicht der Führer. Jeder sagte Chef zu ihm. Als der Anschluss 1938 tatsächlich kam, trat ich der NSDAP bei und hatte gleich führende Funktionen, bis 1945 sogar als österreichischer Abgeordneter im Berliner Reichstag.
Alfred Maleta war mein Lieblingsschüler. (Obwohl mir Erasmus Reichel weltanschaulich viel näher stand.) Das sieht man auch an den Noten. Ein Sehr Gut hatte Maleta nur bei mir. Schon am ersten Abend seiner Entlassung aus dem KZ ist er zu mir gekommen. Es war eine höchst gefährliche Begegnung. Wir sind bis zwei Uhr nachts zusammengesessen. Maleta war da schon 32 Jahre alt, ich knapp sechzig. Die Matura lag schon 13 Jahre zurück. Trotzdem mussten wir wieder über die Geschichte mit den toten Fischen und dem Bier lachen, diesem grotesken Schülerstreich.
und
(Philipp Anderst)
Es war ein Missgeschick, ein Malheur, das mich in die Schule brachte. Es war 1973. Ich war in einem anderen Gymnasium angemeldet. Doch am ersten Schultag stellte sich heraus, daß diese Schule in Urfahr viel zu viele Anmeldungen angenommen hatte. Es gab also einen Haufen überflüssiger Schüler. Für diesen Überfluss wurde kurzfristig ein Ausweg gesucht. Unser Ausweg führte auf die Spittelwiese. Die andern Überflüssigen kamen in anderen Gymnasien unter. Es waren vor allem Kinder aus dem oberen Mühlviertel, Richtung Rohrbach. Vielleicht wollte man diese Landeier in der Stadt nicht. Subkutan meine ich natürlich. Ich bin 1963 geboren und mit zwei Brüdern in Puchenau aufgewachsen. Jeden Tag mußte ich den Zug um 7 Uhr 16 erwischen und dann mit der 3er über die Brücke bis zum Taubenmarkt fahren. Von dort ging ich die Landstraße entlang und dann die Spittelwiese rein. Vorbei an der Buchhandlung Korb und am Schallplatten- und Musikfachgeschäft Bräuer & Weineck. Das war die Konkurrenz zu dem Schallplattenladen meines Vaters in der Landstraße.
und
(Hans Kronberger)
Ich hatte sicher den kürzesten Schulweg von allen. Denn das Lederwarengeschäft meiner Eltern lag wie die Schule auf der Spittelwiese. Wenn ich kurz vor acht zu Hause wegrannte, saß ich um acht in der Klasse. Von Anfang an hat mich Technik fasziniert. Im Mai 1938 maturierte ich. Nur in Turnen hatte ich kein Sehr Gut (!).
Ich habe mich dann gleich völlig allein auf den Weg gemacht. Zuerst bin ich nach Zürich, wo mir die jüdische Gemeinde den Flug nach England bezahlte. Und dort klapperte ich fast jede Universität nach einem freien Platz ab. Es dauerte ewig, bis mich das King's College in Newcastle zum Studium des Maschinenbaus aufnahm. Und als ich endlich studieren konnte, wurde ich als "friendly enemy alien" interniert. Die Zeit der Internierung änderte mein Leben. Hier lernte ich den österreichischen Physiker Hermann Bondi kennen. Er begeisterte mich für Physik und höhere Mathematik.
Ich hatte solche Angst wegen der Luftschlacht um England, dass ich nach Australien flüchtete. Und genau unser Schiff wurde von den Deutschen torpediert! Ich sank ins Wasser. Doch ein Begleitschiff rettete mich.
1942 kam ich zurück nach England und beendete mein Studium in Birmingham. Hier hab ich mich gleich dem Team von Sir Francis Simon angeschlossen, das das Tube-Alloys-Projekt vorantrieb. Das war das Atombombenprogramm der Briten. 1946 ging ich ans Atomforschungszentrum in Harwell. Dort lernte ich auch meine Frau Joan Hanson kennen. Wir bekamen zwei Töchter, Zoë and Sarah. Schon bald bekam meine Frau einen Hirntumor. Als sie daran 1962 starb, habe ich erfahren, was mit meiner Familie in Linz geschehen ist. Meine Mutter wurde euthanasiert, meine Schwester in Auschwitz ermordet, mein Vater aus Dachau befreit und seither verschwunden.
Am 29. September 1970 bin ich überraschend gestorben. Ich weiß nicht, ob mich jemand umgebracht hat. Aber zu dieser Zeit verloren einige Atomphysiker ihr Leben auf ungeklärte Weise.
und
(Peter Palese)
Ich musste nur über den Hauptplatz hüpfen, die Klosterstraße entlang, dann durch das Landhaus schlüpfen und durch die Herrenstraße zum Hintereingang der Schule laufen. Die hintere, halb geheime, eigentlich verbotene Wendeltreppe raufsausen, dann war ich in der Klasse. Ich lief manchmal erst um fünf vor acht von zu Hause weg. Meistens ging es sich aus. In der Schule ging es mir gut. Meist war ich der Klassenbeste. Die wenigen Mädchen, die mit uns in der Schule begonnen haben, haben wir während der acht Jahre verloren. Zur Matura waren wir nur mehr Buben in der Klasse. Meine Eltern betrieben eine Apotheke. Da lag es nahe, Pharmazie und Chemie zu studieren. Bald habe ich mich der Virologie verschrieben. Die betreibe ich noch heute an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York. Mein großes Ziel ist eine Universalimpfung gegen Grippe.
und
(Johanna Edlinger)
Ich gehe oft am Akademischen Gymnasium vorbei. Ich wohne in der Rudigierstraße. Die ist ja ganz in der Nähe. Immer wenn ich an der Schule vorbei gehe, denke ich an meinen Onkel Hubert. Er war schon vor dem Krieg hier Direktor. Dann wieder nach dem Krieg. 1945 waren von 44 Lehrern am Akademischen Gymnasium 36 neu, nur 8 waren übernommen worden. Die anderen mussten aus dem Dienst ausscheiden. Onkel Hubert hatte bereits im Untergrund während des Nationalsozialismus an neuen Lehrplänen für ein neues Österreich gearbeitet. 1938 war er ja aus dem Schuldienst sofort entlassen und in eine Strafkompanie gesteckt worden. Ab 1945 leitete er die Entnazifizierung. Hermann Bahr hat einmal gesagt, die Schule sei ein Tummelplatz der Mittelmäßigkeiten. Doch was die Schule in der NS-Zeit geworden ist, brauche ich Ihnen nicht zu sagen: Der Rowdy, zum Ideal erhoben, herrschte in der Gestalt des HJ-Führers! Onkel Hubert hat oft gesagt, dass es Durchgefallene mit schwelenden Neid- und Rachekomplexen waren, die die Schule regierten. Siehe die durchgeflogenenen Mittelschüler Hitler und Eigruber, die die Welt und menschliche Kultur in Brand steckten. Zum 400-Jahr-Jubiläum der Schule suchte Onkel Hubert um die Verleihung eines Anstaltstitels an, das war 1952. Das wurde aber vom Ministerium in Wien abgelehnt. Er hatte sich nach dem bedeutendsten Lehrer „Kepler Gymnasium“ oder so etwas Ähnliches vorgestellt. „Akademisches Gymnasium“ hat die Schule schon im 19. Jahrhundert geheißen. Und 1965 wurde dieser alte Titel im Rahmen einer großen Feier wieder verliehen.
und
(August Eigruber)
Fast jeden Tag bin ich an der Spittelwiese vorbeigekommen. Allerdings war ich nie drinnen, obwohl Hermann Foppa in der Schule unterrichtete. In der Früh bin ich meist mit dem Fahrer zeitig von unserem Haus Auf der Gugl 3 durch den Bauernberg Park in die Stifterstraße und dann links in die Herrenstraße, an der Spittelwiese vorbei, zum Landhaus gefahren. Da saß ich seit 1938 als Landeshauptmann.
und
(Simon Wiesenthal)
Nachdem ich am 5. Mai 1945 aus dem Konzentrationslager Mauthausen befreit worden bin, habe ich Linz wirklich kennengelernt. Bis 1961 hatte ich zehn Wohn- und Büroadressen: DP Lager Ebelsberg, Landstraße 60, Uhlandgasse 22, Gutenbergstraße 4, Adam-Kaltenbrunner-Gang 8, Gutenbergstraße 34, Pacherstraße 3, Raimundstraße 39, Landstraße 15 und Goethestraße 63. Es war ein Wunder, dass ich nach dem Krieg meine Frau Cyla wieder gefunden habe. Bald ist dann unsere Tochter auf die Welt gekommen. Mit 30 anderen "displaced persons" habe ich 1947 das Zentrum für jüdische historische Dokumentation gegründet. Anfang der 60er Jahre sind wir dann nach Wien übersiedelt.
und
(Franz Mayerhofer)
Und in den letzten Jahren ist eine eigene Herrschaft des Wahnsinns dazu gekommen. Wie Industrieprodukte werden die Kinder normiert und standardisiert. Einmal habe ich von einer Lehrerin meiner Tochter ein Informationsblatt über die Beurteilungskriterien erhalten. Auf einem A4-Zettel ist sage und schreibe 25 Mal das Wort "Leistung" gestanden. Das ist richtiggehend verhaltensoriginell. Noch dazu, wo die sogenannten "Leistungsträger" ganz sicherlich keine Vorbilder für meine Kinder sein sollen. Im Gegenteil. Leistung, Test, Schularbeit, Standardüberprüfung, Pisa-Studien, Pisa-Test, Zentralmatura sind die Vokabeln des Wahnsinns. Und wenigen fällt auf, daß sich das Wort Standard von der Standarte, vom Feldzeichen des Militärs ableitet. Genau das ist nämlich die Marschrichtung. Seit die Wissenschaft sich der Schule bemächtigt hat, ist die Abrichtung der Kinder noch mehr Programm.
und
(Erasmus Reichel)
Ich wurde zum Direktor gerufen und vor die Wahl gestellt, entweder dem "gottesleugnerischen Nationalsozialismus" abzuschwören oder das Gymnasium zu verlassen. Einmütig verließen ich und meine Kameraden Kremsmünster und gingen an die Spittelwiese. Ich hatte gerade von Adolf Hitler dessen Buch "Mein Kampf" und eine Photographie mit einer persönlichen Widmung erhalten. Das spornte mich an. Als 27. SA-Mann trat ich dem einzigen Linzer Sturm bei. Linz war rein marxistisch. Es begann für uns eine Zeit härtesten Dienstes Abend für Abend. Wir überfielen und wurden überfallen. Ich saß auch in Polizeiarrest. Im Gymnasium wurde mein Ruf natürlich immer schlechter. Als mir mein Geschichtsprofessor Foppa, der großdeutscher Abgeordneter war, das Parteiabzeichen vom Rockkragen riss, erging ich mich in den heftigsten Ausdrücken. Also wurde ich aus der Anstalt ausgeschlossen.
Viel später, 1934, in der Nacht der langen Messer, ermordete ich eine Reihe von Verrätern. Ich schoß - wenn notwendig - auch aus nächster Nähe in den Kopf. Wir schlugen den sogenannten Röhm-Putsch nieder. Glaubten wir zumindest. Denn dann wurden alle nach und nach umgebracht, möglichst alle, die die SA-Führung umgebracht hatten. Und da war ich ganz oben auf der Liste. Ich wusste, was mir bevorstand, wenn ich blieb. Der nächste Zug brachte mich über die Grenze. Ich beschrieb im Jahr 1937 meine Geschichte und das Massaker ganz genau in der Exilzeitschrift "Dritte Front" in der Tschechoslowakei unter dem Titel "Geständnisse eines Gestapo-Mörders".
1939 schaffte ich es nach Kolumbien. Dort änderte ich meinen Namen in Gerardo Reichel-Dolmatoff. 1941 nahm ich an der ersten ethnologischen Feldstudie teil. Später gründeten meine Frau Alicia Dussán und ich an der Universidad de Cartagena den ersten Lehrstuhl für Anthropologie in Lateinamerika. Und 1963 gründeten wir die Abteilung für Anthropologie an der Universidad de los Andes in Bogotá. Ich wurde überhäuft mit internationalen Auszeichnungen und als Vater der kolumbianischen Anthropologie gefeiert.
und
(Katharina Gruber)
Eine Reform des Schulsystems scheitert wohl daran, dass die, die das entscheiden müssten, das verteidigen, was sie kennen. Weil es ja sonst bedeuten würde, dass es bei ihnen nicht gut war und vielleicht auch jetzt nicht so gut ist. Das will kaum jemand, der schließlich überlebt hat, also an den Herausforderungen gewachsen und gut geschliffen erfolgreich im System verhaftet ist.
Aber es gibt auch andere, - viele. Die ohne Stimme. Ohne Bewusstsein darüber, was sie eigentlich gebraucht hätten. Vielleicht gescheitert, vielleicht zurechtgeschliffen.
Wer behauptet, dass die Schule nur ein Ort zum Lernen sein sollte, ist weltfremd. Schule ist ein Ort, an dem man das Miteinander lernen kann, sich selbst erfahren und ein positives Bild für die Gesellschaft entwickeln sollte. In der Schule werden immerhin jene Leute geformt, die unsere Zukunft gestalten!
Ich möchte, dass die Vorstellungskraft, die utopische Kraft des Kindes, der Kern der Schule und damit gesellschaftlicher Verbesserung ist. Das Unmögliche denken, muss die Richtschnur sein.
03 JOURNAL DER SIEBTEN KLASSE VOM NOVEMBER 2017
(4 Damen, 3 Herren, 3 Sängerinnen, 3 Sänger - instrumentale Unterstützung.
Recht schnelles Sprach- und Sprech- und Singgewebe)
(Die Texte sind wörtliche Zitate aus Zeitung, Internet und Theaterfoldern. Deshalb manchmal nicht korrekt)
Ein Ansager:
Journal der siebten Klasse vom November 2017.
(Stimmen laut Partitur)
Es ist Mittwoch
1. November
2017
Es ist schulfrei
Was spielen die Theater?
Schaf
Es ist Donnerstag
2. November
2017
Es ist schulfrei
Was schreibt die Zeitung?
Ein schmerzhafter Tag für New York.
Was spielen die Theater?
Schaf, Hairspray, Antigone, Spätschicht.
Es ist Freitag
3. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch
Wer fehlt?
Pia Schuster
Was schreibt die Zeitung?
Mahrer statt Leitl: Erste Rochade bei der ÖVP
Was spielen die Theater?
Hairspray, Gerald Gradwohl Group, Leben des Galilei, Diese Mauer fasst sich selbst zusammen und der Stern hat gesprochen, der Stern hat auch was gesagt
Es ist Samstag
4. November
2017
Es ist schulfrei
Was schreibt die Zeitung?
Willkommen in der Realität: Zuerst muß gespart werden
Was spielen die Theater?
Topolina am Mond, Rigoletto, Wunderland!, Das Sparschwein, Diese Mauer fasst sich selbst zusammen und der Stern hat gesprochen, der Stern hat auch was gesagt
Es ist Sonntag
5. November
2017
Es ist schulfrei
Was spielen die Theater?
Topolino am Mond, Das Himmliche Leben, Nie wieder Pro Brass, Wunderland!, Geächtet, Diese Mauer fasst sich selbst zusammen und der Stern hat gesprochen, der Stern hat auch was gesagt
Es ist Montag
6. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch, Schularbeit
Wer fehlt?
Martin Ou, Jakob Schicho
Was schreibt die Zeitung?
Warum erst jetzt?
Was spielen die Theater?
Music for a While
Es ist Dienstag
7. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Geographie
Wer fehlt?
Civan Sahin
Was schreibt die Zeitung?
Förderungen, Gehälter: Wo das Land sparen will
Was spielen die Theater?
Rigoletto, Frühlings Erwachen
Es ist Mittwoch
8. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik
Wer fehlt?
Anna-Sophie Brocza, Anna Tomaselli
Was schreibt die Zeitung?
Kultur: Sparzwang bringt Stelzer und Luger zusammen
Was spielen die Theater?
Unser Planet Erde, Wunderland!
Es ist Donnerstag
9. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik
Wer fehlt?
Anna-Sophie Brocza, Anna Tomaselli, Johannes Jeryczynski
Was schreibt die Zeitung?
Reise auf die Krim: Linzer FP-Chef verärgert Kurz
Was spielen die Theater?
Unser Planet Erde, Rigoletto
Es ist Freitag
10. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch
Wer fehlt?
Anna-Sophie Brocza, Johannes Jeryczynski, Civan Sahin, Pia Schuster
Was schreibt die Zeitung?
Überlebt!
Was spielen die Theater?
Schaf, Wer ist's, der an die Türe pumpert?
Es ist Samstag
11. November
2017
Es ist schulfrei
Was schreibt die Zeitung?
Land der Raucher: Kritik der OECD an Österreich
Was spielen die Theater?
Die Frau ohne Schatten, Lange Nacht der Bühnen
Es ist Sonntag
12. November
2017
Es ist schulfrei
Was spielen die Theater? Sinatraworks 2017, Schaf, Lux Aeterna, Peter Pan oder der Junge, der nicht erwachsen werden wollte, Wunderland!
Es ist Montag
13. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch
Wer fehlt?
Marlene Bauer, Civan Sahin, Pia Schuster
Was schreibt die Zeitung?
Abu Dhabi hat jetzt seinen Louvre
Was spielen die Theater?
Schaf, Music for a While
Es ist Dienstag
14. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Geographie
Wer fehlt?
Fabian Laresser, Civan Sahin
Was schreibt die Zeitung?
Oberösterreich exportiert so viele Waren wie noch nie
Was spielen die Theater?
Peter Pan, Leben des Galilei
Es ist Mittwoch
15. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik, Schularbeit
Was schreibt die Zeitung?
Finanzbildung ist blinder Fleck der Österreicher
Was spielen die Theater?
Die Frau ohne Schatten, Peter Pan, Wunderland!, Frühlings Erwachen
Es ist Donnerstag
16. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik
Wer fehlt?
Anja Bimmelmair
Was schreibt die Zeitung?
Kampf um das rote Wien: Schieder fordert Ludwig
Was spielen die Theater?
Music for a While, Peter Pan, Wer hat Angst vorm bösen Wolf!
Es ist Freitag
17. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch
Was schreibt die Zeitung?
450.312.500 Dollar für Da-Vinci-Gemälde
Was spielen die Theater?
Rigoletto, Forever Young, Peter Pan, Antigone, Parzival Short Cuts
Es ist Samstag
18. November
2017
Es ist schulfrei
Was schreibt die Zeitung?
Kurz und Strache schnüren strenges Sicherheitspaket
Was spielen die Theater?
Music for a While, Forever Young, Wunderland!, Das Sparschwein
Es ist Sonntag
19. November
2017
Es ist schulfrei
Was spielen die Theater?
Matinee zur Operette "Eine Nacht in Venedig", Auf Flügeln des Gesanges, Wunderland!
Es ist Montag
20. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch
Wer fehlt?
Martin Ou, Marlene Moosbauer, Twinkle Niedo, Michaela Arbeithuber, Civan Sahin, Matts Sandhacker
Was schreibt die Zeitung?
Klimagipfel: Konferenz der kleinen Schritte
Was spielen die Theater?
Schaf, Music for a While, Zebras, Zombies und Zigarren
Es ist Dienstag
21. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Geographie
Wer fehlt?
Michaela Arbeithuber
Was schreibt die Zeitung?
Nach Aus für "Jamaika": Merkel ist für Neuwahl
Was spielen die Theater?
Schaf, Die Frau ohne Schatten, Forever Young, Peter Pan, Frühlings Erwachen
Es ist Mittwoch
22. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik
Wer fehlt?
Michaela Arbeithuber, Martin Ou, Civan Sahin
Was schreibt die Zeitung?
Mindestsicherung: Luger schert aus SP-Linie aus
Was spielen die Theater?
Schaf, Die Frau ohne Schatten, Forever Young, Peter Pan, Frühlings Erwachen
Es ist Donnerstag
23. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik
Wer fehlt?
Michaela Arbeithuber, Jakob Schicho, Civan Sahin
Was schreibt die Zeitung?
Historisches Urteil: Mladic erhielt lebenslänglich
Was spielen die Theater?
Schaf, Peter Pan, Poetry Slam
Es ist Freitag
24. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch
Wer fehlt?
Michaela Arbeithuber, Civan Sahin
Was schreibt die Zeitung?
Streit in Bayern torpediert die Regierungsbildung
Was spielen die Theater?
Forever Young, Peter Pan, Geächtet
Es ist Samstag
25. November
2017
Es ist schulfrei
Was schreibt die Zeitung?
Kindergärten: ÖVP legt Gebührenmodell vor
Was spielen die Theater?
Rigoletto, Forever Young, Wunderland!, Antigone
Es ist Sonntag
26. November
2017
Es ist schulfrei
Was spielen die Theater?
40 Jahre Landesmusikschulwerk, Wunderland!, OÖN-Christkindl-Gala
Es ist Montag
27. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Deutsch
Wer fehlt?
Marvin Kaltenböck
Was spielen die Theater?
Eine Gala der Menschlichkeit
Es ist Dienstag
28. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Geographie
Wer fehlt?
Marvin Kaltenböck
Was schreibt die Zeitung?
Kassenfusionen: Zukunft des Linzer UKH offen
Was spielen die Theater?
Rigoletto, Forever Young, Geächtet
Es ist Mittwoch
29. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik
Wer fehlt?
Marvin Kaltenböck
Was schreibt die Zeitung?
Internet als Sucht: Künftig Auszeiten in den Schulen?
Was spielen die Theater?
Flo's Jazz Casino, Parzival Short Cuts,
Es ist Donnerstag
30. November
2017
Es ist Schule
1. Stunde
Mathematik
Wer fehlt?
Marvin Kaltenböck
Was schreibt die Zeitung?
Vergiftet vor laufender Kamera
Was spielen die Theater?
Rigoletto, Forever Young, Peter Pan, Der Menschenfeind - wie Herr Molière zum Mörder wurde
04 DER STOTTERER
(Zum Bild: Ein junger Mann löst sich und versucht, einen Text zu lesen. Er kommt über den ersten Buchstaben nicht hinaus. Es ist ganz still. Fiebernd.)
(Ein junger Mann)
05 KÜRNBERGER WALD
(Bassbariton)
Tief unten liegt das Donautal
von dichtem Wald umbettet
so wie einst
fast so wie einst
Wie die schöne Königstochter Kriemhild
und der dunkle Hagen
so wandern wir
im Kürnberger Wald
Da plötzlich fernes Donnergrollen
graue Wolkenfetzen,
erste Tropfen
Gespinste
Und anstatt der Nibelungen Schwertgeklirr
schrillt von ferne her
der Pfiff der Mühlkreisbahn
im Kürnberger Wald
Und es regnet und es regnet
und es regnet und es regnet
und wir rennen und wir rennen
und wir rennen und wir rennen
Wir zwei wir zwei
Regen Regen
wir zwei wir zwei
patschnass patschnass
Und dann halte ich sie in den Armen
wir zwei wir zwei
Regen Regen
wir zwei wir zwei
patschnass patschnass
Sag es, sag es, was ist mit dir geschehen?
Was?
Es regnet im Kürnberger Wald
Tropfen
Regen
Dunkel
Geli
Regen
Im Kürnberger Wald
Regen
Dunkel
Kürnberger Wald
06 AUFSTEHEN SETZEN
(Dieser Text kann als Bravour-Auftritt einer Sprechrolle angelegt werden oder als Wortballett mehrer Sprechstimmen. Virtuos. Text kann auch wiederholt oder teilweise wiederholt werden.)
Aufstehen Guten Morgen Setzen' Aufstehen Good Morning Children Good Morning Ma'm Sit Down Please Setzen' Ankommen Aufstehen Ein paar Ein paar nicht Bitte Setzen Guten Tag Setzen' Aufstehen Hallo Wir auch Hallo Setzen' Aufsperren Reingehen Bitte setzen Hallo Setzen' Eintreten Aufstehen Guten Morgen Guten Morgen Setzen' Reinkommen Guten Tag Aufstehen Guten Tag Setzen' Hinkommen Hallo Türe öffnen Eintreten Reingehen Setzen' Ankommen Aufsperren Eintreten nichts sagen' Hinkommen Eintreten Guten Tag Platz suchen Setzen' Hinkommen Reingehen Hallo Platz nehmen' In die Klasse gehen Morgen setzen murmeln Setzen Morgen murmeln' Eintreten Begrüßen Good Morning Take a seat Setzen Morning Good Morning Thanks' Reinkommen Taschen abstellen Bonjour Asseyez vous Merci Bonjour Madame Setzen' Reinlaufen Türe zuschlagen Morgen Setzen Aufschrecken Alle Setzen' Hallo Guten Morgen Aufsperren Zu den Plätzen Grüß Euch Danke Setzen' Rucksack Lehrerpult Setzen danke Setzen beziehungsweise teilweises Setzen' Durch den Gang laufen Hallo Guten Morgen Türe öffnen Plätze suchen Setzen' Aufsperren Umziehen Hineingehen In einen Kreis setzen Hallo Servus Grüß Euch' Ankommen Aufsperren Reingehen Hinsetzen' Aufsperren Grüß Euch Platz nehmen' Reinstürmen Türe schlagen Guten Tag Guten Tag Setzen
07 DIE KUNST DES AUFZEIGENS
(Ballett. Eventuell alle, die auf der Bühne sind. Orchestermusik, Chor!)
Hintergrundtexte
Will ein Schüler „drankommen“, bewirbt er sich offiziell um sein Rederecht. Er zeigt auf. In der Regel geschieht das durch den nach oben gestreckten Arm. Wie zeigt man richtig auf? Wie melde ich mich, wie mache ich mich bemerkbar und wie oft soll ich das in einer Stunde tun? Demonstriert man, um endlich „dranzukommen“, aufgeregt ein dringendes Bedürfnis, zeigt man - eher genervt, dass man eine lästige Pflicht absolviert und halt einfach nur mitmacht? Oder zieht man sich vielleicht überhaupt besser mit einer ironischen Geste zurück? Wie ernst nimmt man den Unterricht?
Wer eine Schulstunde von außen - wie ein fremdes Ritual - betrachten würde, könnte sogleich eine breite Palette von Möglichkeiten des Aufzeigens und Drankommen-Wollens erkennen, vielleicht sogar ein Ballett der Hände
entdecken.
Arten, wie sich Schüler melden: Der ganz Normale / Der sich mit 2 Händen meldet / Der mit dem Finger an der Nase hängenbleibt / Der sich mit seiner ganzen Hand meldet / Der mit der anderen Hand / Der Winkende / Der mit 2 Händen winkt / Der beim Winken ruft / Der schon halb Schlafende / Der schon ganz Schlafende / Der sich rückwärts meldet / Der sich mit einem Stift meldet / Der ganz woanders hinguckt / Der dabei redet / Der sich mit 2 Stiften meldet / Der nicht merkt, dass er drangenommen wurde / Der beim Melden schnippst / Der Klatschende / Der sich in Gedanken meldet / Der sich noch mal überlegt / Der sich faul meldet / Der rein ruft / Der sich einfach nur so meldet / Der kleine Finger / Der es nicht richtig schafft / Der mit dem Kugelschreiber knipst ...
08 BERNHARD DOPPLER ERZÄHLT VON ERICH GINTNER
(Bernhard Doppler erzählt)
Im Jahresbericht 1938/39 ist Erich Gintner als neuer Lehrer angeführt - seit 3.1.1939. Vom 19. bis 25.2.1939 - es war Fasching - war er beim Schikurs der 6b in der etwas abgelegenen Stainacherhütte auf der Tauplitzalm. Er wurde von den Schülern "Zick" genannt, er war, heißt es im Bericht der Schüler, immer "mit uns", vermutlich auch am Abend, wenn, wie es im Bericht heißt, "größte Lustigkeit" herrschte, man Punsch trank und im nahen Karl-Holl Haus tanzte.
Es gab fünf Turnlehrer bzw. Turnassistenten im Akademischen Gymnasium 1938/39, die ausschließlich "Leibeserziehung" unterrichteten, drei weitere unterrichteten es als Nebenfach, neben Kunsterziehung, Griechisch oder Mathematik, zwei davon waren zur "Wehrdienstleistung eingerückt", ein weiterer war zum Hochschulinstitut für Leibesübungen beurlaubt worden.
Mein Vater hat den neu eingestellten Zick bei jenem Schikurs kennengelernt. Im Schuljahr 1939/40 war er dann ganz plötzlich verschwunden. Er gehörte einer Widerstandsgruppe an, stellte sich heraus - und ist, so zumindest das Gerücht in der Klasse, hingerichtet worden. Vermutlich stimmte das Gerücht auch.
09 DER STUMME CHOR
(Chor)
(Zum Bild)
(Die Erinnerung an das Foyer der Schule: Links die Steintafel zum Gedenken an "unsere" Toten des 1. Weltkriegs, rechts die Steintafel zum Gedenken an "unsere" Toten des 2. Weltkriegs. Zwei Mal legen wir die Welt in Schutt und Asche und hauen die Namen der Soldaten in Stein - von den Vertriebenen und Massakrierten sehen wir nix.
Es ist ein großer, sehr eindringlicher Chor. Ein auskomponierter Chor, von dem aber nichts zu hören ist. Wir sehen nur die Mundbewegungen und die schreienden Augen. Und wir bitten damit um Vergebung. Meine Kinder fragen mich, bei entsprechender Gelegenheit, wie es möglich ist, dass wir (und die Deutschen) zwei Mal die Welt in Schutt und Asche legten. Das hat sonst kein anderes Volk oder Land geschafft.)
Sängerinnen und Sänger:
Links die Tafel zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkriegs
Chor (stumm):
"Unsere" Toten
Sängerinnen und Sänger:
Rechts die Tafel zum Gedenken an des Zweiten Weltkriegs.
Chor (stumm):
"Unsere" Toten
Schauspielerinnen und Schauspieler:
Zwei Mal legten wir die Welt in Schutt und Asche
Und zwei Mal meißelten wir dann die Namen der toten Soldaten in Stein.
Chor (stumm):
Wo? Wo? Wo? Wo? Wo?
Wo sind die Namen der anderen?
Vertriebenen? Der Ausgestoßenen?
Wo? Wo? Wo? Wo? Wo? Wo?
10 ÜBER DAS STOTTERN
(Der "alte" Herr spricht)
Er weiß, dass er wieder drankommt. Immer wieder müssen sie in Deutsch, in Englisch, in Französisch oder in Latein vorlesen. Aus dem Buch vorlesen. Und seit der 1. Klasse bringt er dabei keinen Laut heraus. Höchstens den ersten Buchstaben. Niemand tut etwas. Auch er selbst nicht. Er revoltiert nicht und verweigert nicht.
Nein, im Gegenteil: acht Jahre lang quält er sich und wird gequält, gedemütigt und blossgestellt. Kein Lehrer sagt etwas, kommt zu ihm oder hilft ihm. Oder spricht wenigstens mit ihm darüber. Niemand, weder Professorin K, die andere Professorin K, Professor M oder Professor R. Man könnte auch sagen: "Komm, jetzt hören wir auf mit diesem sinnlosen Blödsinn. Schauen wir, was dir hilft." Nein, er kommt wieder dran. Scheitert. Kommt dran und scheitert. Täglich einige Male, fünf Tage die Woche, acht Jahre.
Er hat solche Angst. Er zittert. Sein Kopf glüht. Er möchte sich umbringen vor Scham. Dann wäre er oben bei den Engeln.
11 BEI DEN ENGELN
(Tenor singt)
Ich habe solche Angst. Ich zittere. Mein Kopf glüht. Ich möchte mich umbringen vor Scham. Dann wäre ich oben bei den Engeln.
12 LEHRSTÜCK
(Alle Schauspieler = eine "alte" Dame, ein "alter" Herr, 3 Damen, 4 Herren. Dichte Szene.
Material aus Robert Walsers "Jakob von Gunten", Heinrich Manns "Professor Unrat" und diversen Internet-Foren. Einzelne Akkorde als Hintergrund und/oder Akzentuierung.)
(Die Reihenfolge der einzelnen Textblöcke kann auch geändert werden.)
Kenntnisse werden uns keine beigebracht.
Es fehlt an Lehrkräften, das heißt die Herrn Lehrer schlafen, oder sie sind tot oder nur scheintot oder sie sind versteinert, gleichviel, jedenfalls hat man gar nichts von ihnen.
An Stelle der Lehrer, die aus irgendwelchen Gründen tatsächlich totähnlich daliegen und schlummern, unterrichtet und beherrscht uns nun eine junge Dame. Wir stehen alle von den Plätzen auf, wenn sie erscheint. Hat die Lehrerin Platz genommen, so dürfen wir uns auch wieder setzen. Sie klopft mit dem Stab dreimal kurz und gebieterisch hintereinander auf die Tischkante, und der Unterricht beginnt.
Ich merke immer mehr, dass ich ein schrecklicher Lehrer bin. In dem Job geht es nur ums Bluffen. Ich kann aber nicht bluffen. Bin kein guter Schauspieler. Man merkt mir an, wenn ich von den Schülern genervt bin. Und schlafe kaum noch, weil die Vorbereitung so viel Zeit kostet. Und jeden Tag werden meine gut vorbereiteten Stunden von den Schülern in Stücke gehauen. Immer, immer stören sie meinen Unterricht. Nie herrscht Ruhe, und nichts hilft.
Irgendwann, wenn man sich nicht mal zur Tafel umdrehen kann, ohne dass hinter dem Rücken das Geschrei losgeht, kann man einfach nicht mehr. Irgendwann, wenn der zehnte Schüler kommt und saudumme Fragen stellt (Darf ich mir was zu trinken kaufen? Darf ich das Fenster aufmachen? Darf ich mich umsetzen? Mein Heft ist leer, soll ich mir ein neues kaufen? Ich habe die Hausaufgabe mit Kugelschreiber gemacht, ist das schlimm? Ich finde das Blatt von letzter Stunde nicht, wo ist es? - alles mitten im Unterricht!!!), wird man nur noch aggressiv.
Dazu die ständigen Streitereien, immer ist es laut, die Schüler nehmen keine Rücksicht aufeinander. Einmal war ich krank. Ich sage in der Klasse: Ich bin erkältet, bitte seid heut nicht so laut. Hätte ich besser nicht machen sollen. An dem Tag haben sie Sprechchöre gebildet, nur um mich zu ärgern. Immer drauf auf den Lehrer! Der ist ja kein Mensch!!!
Ich habe einen sehr aufdringlichen und nervigen Lehrer. Ich hasse ihn einfach, ich mag ihn nicht und konnte ihn nie leiden. Ich bekomme Aggressionen, wenn ich ihn sehe. Ich besuche eine neue Schule. Und ich habe 2 Klassenlehrer. Eine Lehrerin, die ist ok. Aber den anderen Lehrer mag ich nicht. Er ist ein Pädo (: Und das jetzt ohne Witz. Am Anfang habe ich mir gedacht: Hm, ist halt ein Lehrer, aber nicht mein Typ.' Doch dann habe ich ihn etwas beobachtet und gemerkt, was für ein Mensch das eigentlich ist. Er ist mein Physik-, Mathe- und zugleich Sportlehrer. Ich habe mich einmal in Sport abgemeldet, damit ich ihn noch besser beobachten kann. Wir haben immer 2 Stunden Sport. Er hat immer auf die Ärsche geschaut von Mädchen, was mich richtig aufgeregt hat. Wir hatten dann die 4. Stunde, und zwar Mathematik. Ich habe mich oft bei ein paar Rechnungen nicht ausgekannt und habe aufgezeigt, damit er mir helfen kann. Er kam zu mir und streichelte mich am Rücken, am Nacken und kam immer näher zu meinem Gesicht. Daraufhin bin ich ohne zu zögern SOFORT aufgestanden und habe gefragt, was das soll. Die ganze Klasse schaute mich dumm an, doch meine Freunde ahnten, wieso ich geschrien habe. Dieser Lehrer macht mein Leben kaputt. Selbst in Mathe kann ich nicht aufpassen, weil ich ihn nicht leiden kann. Was soll ich tun? Ich glaube, ein paar unter euch wissen, wie es sich anfühlt. (Besonders die Mädchen, falls ihr so einen Lehrer habt) Und nein, ich werde nicht zum Direktor gehen, weil das kein Stück hilft. Denn wer wird mir schon glauben?
Ich sehe mich immer von den Schülern hinterrücks angefeindet, betrogen, gehasst. Sie sind meine Erbfeinde. Ab ins Kabuff. Ich bin wie einer von ihnen, Ich rede wie sie. Ich denke wie sie. Man muss sie hineinlegen, man muss sie vom Ziel der Klasse zurückhalten. Ab ins Kabuff.
Ja, fürwahr. Ich strafe im Ernst. Schule ist Ernst und Wirklichkeit. Trägheit verderblich. Verderblich für die Gesellschaft. Ab ins Kabuff.
Er ist sowas von inkompetent und so ein Ar*chloch. Ich bin eigentlich ein guter Schüler und hatte die letzten Jahre bei anderen Lehrern immer etwas zwischen 1 und 2, aber seit ich ihn hab, bin ich plötzlich ein Problemfall? Zunächst mal ist seine Art zu unterrichten ein einziger Reinfall, nach 10 Minuten alleine lernen, weiß ich mehr als nach 4 Stunden Unterricht bei ihm. Es wäre produktiver und kostensparender seinen nutzlosen Beamtena...sch mit einem Haufen Chemiebücher zu ersetzen. Dann müssten wir weder seinen Anblick noch seinen widerlichen Charakter ertragen und würden weit mehr lernen, als wir es in seinem Unterricht je tun würden. Dazu kommt noch, dass er immer auf die gleichen Schüler geht und sie vor der Klasse demütigt.
Wenn es gut läuft, unterrichte ich 20 Minuten in einer Schulstunde, die restlichen 25 Minuten verbringe ich mit Ermahnen, Erziehen und Beruhigen. Ein Schüler wälzt sich auf dem Boden hin und her. Ein anderer steht auf und bespuckt seine Mitschüler. Ein Junge schreit so laut, dass ich denke, mir platzt das Trommelfell. Ein Schüler fängt an zu singen, ein anderer führt Selbstgespräche. Einer leckt die Wand ab. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich arbeite nicht mehr mit den Schülern, sondern gegen sie.
Welch ein Unterricht. Es ist wenig, und wir wiederholen immer, aber vielleicht steckt ein Geheimnis hinter all den Nichtigkeiten und Lächerlichkeiten.
Ich hasse es, wenn ein Lehrer jemanden drannimmt, obwohl man sich nicht meldet! Man ist ja in der Schule, um zu lernen, und man kann ja beim ersten Mal nicht alles wissen! Deswegen geht man ja auch zur Schule - um zu lernen!!! Außerdem meldet man sich nur, wenn man die Lösung hat, ist ja auch das Zeichen dafür. Die Lehrer finden es wohl witzig, uns leiden zu sehen!
Lächerlich? Uns Knaben ist niemals lächerlich zumute. Unsere Gesichter und unsere Manieren sind sehr ernsthaft. Kraus lacht nie, und wenn es ihn hinreißt, dann nur ganz kurz, und dann ist er zornig, dass er sich zu einem so vorschriftswidrigen Ton hat hinreißen lassen. Die erforderliche Lustigkeit und Lässigkeit fehlt uns. Irre ich mich? Wir reden Dummheiten miteinander, oft auch Ernstes, aber unter Vermeidung großer Worte. Schöne Worte sind viel zu langweilig.
Die Schüler merken natürlich, dass ich überfordert bin. Ich glaube, sie machen das sogar mit Absicht. Ich hasse meinen Beruf. Am liebsten würde ich alles hinschmeißen. Mir graust es vor morgen. Ich hasse das Klassenzimmer. Ich hasse diese dummen, gemeinen, unerzogenen Kinder, die sich daran freuen, mich zu ärgern, mich zu verarschen und mich durch dumme Fragen abzulenken. Ich kann einfach nicht mehr!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Also da gibt es so einen Lehrer, der mich nie drannimmt. Ich könnte auch ein Schild hochhalten mit „Hier bin ich“. Der nimmt mich nie dran. Aber wenn ich mal nicht aufzeige, nimmt er mich dran. Und bei anderen macht er das nicht. Sondern nur bei mir. Und ich habe das Gefühl, dass er denkt, ich wäre dumm oder ich könnte nichts. Der regt mich echt auf.
Ich kenne sie alle. Ich vergesse nichts. Die Stadt ist voll von ehemaligen Schülern. Die Schule endet für mich nicht an der Hofmauer. Sie erstreckt sich über alle Häuser, auf alle Altersklassen ihrer Bewohner. Überall sitzen sie, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, die sich nicht vorbereitet hatten, die mich ärgern wollten. Versuchen Sie es nur, von ihnen habe ich schon drei gehabt. Ich hasse ihre ganze Familie. Ab ins Kabuff!
Mein Lehrer macht einen ständig vor der Klasse runter, wenn man was nicht kann. Und auf mich hat er einen besonderen Pick. Er meinte heute, dass ich beim nächsten Test einen Fünfer schreiben würde und ich mich schon darauf freuen könnte, wenn ich das Jahr wiederhole. Tickt es bei dem Typ eigentlich noch? Was soll denn das?
Man hat immer wieder solche Mistlehrer, entweder schaltet man auf Durchzug oder man ist schlagfertig. Aber das Gesülze sollte man sich bloß nicht zu Herzen nehmen.
13 DAS ALPHABET DER WELT
(Eventuell sagt jemand die Arie an: "Das Alphabet der Welt" ... oder so ähnlich.)
(Bariton singt)
A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W UND X, Ypsilon und Z. Und ab und zu Alpha, Beta, Gamma, Delta und Pi. Das Alphabet der Welt.
14 DER GROSSE SCHLAF
(Sängerin, Sänger, Sprecher, Chor)
(Ein Klang, der "atmet" wie ein Mensch. Richtig tief. Einatmen = ein Akkord / Ausatmen = anderer Akkord
Das wird wiederholt, bis es zu einem "Stellungswechsel" kommt, wie wenn sich jemand im Bett umdreht,
dann klingen zwei andere Akkorde.
Die Schlafakkorde schwellen immer mächtiger an, so tiiiiiieeeef schlafen alle,
dann großes, langsames Abschwellen und versickern des Klangs --------------------------------- Niente)
Jemand spricht:
Hypnos kann Götter, Menschen und Tiere in den Schlaf versetzen. Und sein Bruder Thanatos schickt sogar jeden Menschen ohne Vorwarnung in die "ewige" Ruh', also in den Tod! Die beiden sind Söhne der Nyx, der Nacht. Es heißt, daß sie die beiden vaterlos zur Welt brachte. So wie Maria Jesus. Andere sagen, daß der Erebos, die fürchterliche Finsternis, seinen Anteil daran hatte.
Nyx, Hypnos und Thanatos sind immer zusammen. Und wer zu ihnen vordringen möchte, muß durch die große Vergeßlichkeit waten, durch Lethe. Hypnos hat auch meist seine Kinder im Gefolge: Morpheus, Phobetor und Phantasos. Sie sind Gestalt, Schrecken und Fantasie. Angeblich hat Hypnos aber weit mehr Kinder. Man weiß es nicht.
Hypnos hat sogar Zeus schon einmal in den Schlaf versetzt. Das war auf Bitte der Gattin Hera, die ungestört Jagd auf Herakles machen wollte. Als Zeus aufwachte, wurde er rasend vor Wut. Er verfolgte Hypnos, der aber schleunigst zu seiner Mutter Nyx floh. Dort war dann Schluß. Denn mit der Nacht wollte sich selbst Zeus nicht anlegen.
Hypnos erfüllt auch die Bitten von Heroen, also von Helden und Halbgöttern wie Ariadne, Elektra, Medea, Achilles, Herakles oder Theseus. Aber besonders den Menschen ist er immer freundlich zugetan. Darum gilt Hypnos als ruhiger und sanftmütiger Gott, der Menschen in ihrer Not hilft und als Schlaf die Hälfte ihres Lebens besitzt. Die Hälfte ihres Lebens! Kein Witz!
Seine Mutter Nyx trägt ihre beiden Söhne Hypnos und Thanatos – der eine ist weiß, der andere schwarz – oft auf ihren Armen. Selbst jetzt, wo sie groß sind. Insgesamt macht Hypnos' Familie also sechs Personen aus: Mutter Nyx, Bruder Thanatos, die Kinder Morpheus, Phobetor und Phantasos und natürlich Hypnos selbst.
Und alle sechs wohnen in der Schule!
(Elfriede Jelinek weiß das natürlich schon lange. Deshalb sagt sie: In die Schule gehen ist wie in den Tod gehen, ohne diesen zu kennen, aber wer kennt den schon? Vom Tod kann man nachher auch nichts mehr erzählen. Aber auch die Schule kennt man erst, wenn man sie hinter sich hat. Das haben beide wieder gemeinsam, der Tod und die Schule. Man weiß vorher eben nicht, wie und ob es sich ausgeht ...)
Vergleiche Homer, Ilias 14, 230–360
15 PAUSE
Es klingelt eine richtige Pausenglocke.
Eine „echte“ Schulpause. Kaum klingelt es, springen alle auf, rennen herum, machen ihre eigenen Sachen. Das kann auch durchaus im Zuschauerraum sein oder sonstwo. Wie halt in der Schule ... Aber was machen denn die Schüler in der Pause wirklich?
Es klingelt wieder – attacca fängt TABLEAU VIVANT II an, - alle suchen ihren „richtigen“ Platz.
16 TABLEAU VIVANT II
Nach dem Klingeln formieren sich alle schnurstracks wie beim ersten Bild.
Musik.
17 DIE HERRSCHAFT DES WAHNSINNS
Sprechchor (inkl. S1, S2, ME, TE, BA, BB)
D1, D2, D3 = Schauspielerinnen
H1, H2, H3, H4 = Schauspieler
Chor (alle?): Leistungsbeurteilungsverordnung
D1: Paragraph 14
Chor: Beurteilungsstufen
Noten
H1: Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung
D1: 10.08.2019
H1: Absatz 1
Chor: Absatz 1
H2: Für die Beurteilung der Leistungen der Schüler bestehen folgende Beurteilungsstufen (Noten):
D1: Sehr gut
Chor: (1),
D1: Gut
Chor: (2),
D1: Befriedigend
Chor: (3),
D1: Genügend
Chor: (4),
D1: Nicht genügend
Chor: (5).
H1: Absatz 2
Chor: Absatz 2
H2: Mit „Sehr gut“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in weit über das Wesentliche hinausgehendem Ausmaß erfüllt und, wo dies möglich ist, deutliche Eigenständigkeit beziehungsweise die Fähigkeit zur selbständigen Anwendung seines Wissens und Könnens auf für ihn neuartige Aufgaben zeigt.
H1: Absatz 3
Chor: Absatz 3
D2: Mit „Gut“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in über das Wesentliche hinausgehendem Ausmaß erfüllt und, wo dies möglich ist, merkliche Ansätze zur Eigenständigkeit beziehungsweise bei entsprechender Anleitung die Fähigkeit zur Anwendung seines Wissens und Könnens auf für ihn neuartige Aufgaben zeigt.
H1: Absatz 4
Chor: Absatz 4
H3: Mit „Befriedigend“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen zur Gänze erfüllt; dabei werden Mängel in der Durchführung durch merkliche Ansätze zur Eigenständigkeit ausgeglichen.
H1: Absatz 5
Chor: Absatz 5
D3: Mit „Genügend“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt.
H1: Absatz 6
Chor: Absatz 6
H4: Mit „Nicht genügend“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit „Genügend“
Chor: Siehe Absatz 5
H4: erfüllt.
18 BERNHARD DOPPLER ERZÄHLT VOM BESUCH IN AMERIKA
(Bernhard Doppler erzählt)
Bethesda ist eine Siedlung nordwestlich von Washington im US-Bundesstaat Maryland. Hierhin sind wir eingeladen, Peter Androsch und ich: in das Haus von Herrn und Frau Kafka.
Man holt uns mit dem Auto vom Hotel ab. Frau Kafka, 88 Jahre alt, lenkt den Wagen. Herr Kafka, 95, ist mit seiner Arbeit – er ist praktizierender Psychoanalytiker – für heute zu Ende. Der alte Mann ist mit dem Akademischen Gymnasium eng verbunden und hatte auch indirekt mit Adolf Hitler zu tun. Er ist der Neffe des Hausarztes von Hitlers Mutter, Eduard Bloch, den Hitler – obwohl Bloch Jude war – so schätzte, dass er ihn arisieren wollte. Eduard Bloch emigrierte in die USA.
John Kafka besuchte zwei Jahre die Spittelwiese. Sein Freund war der Oberstreber Hillbrand. Doch dessen Eltern hatten den Kontakt verboten, sie waren keine Nazis, aber überzeugte Antisemiten, wie John Kafka erzählt.
John S. Kafka ist dort aufgewachsen, wo, wie er sagt, im Herbst 1934 in Österreich die sozialistische Revolution begonnen hatte: beim Linzer Centralkino. Schon 1935, also vor dem Anschluss, nahm ihn sein Onkel aus der Schule. Er schickte ihn nach Frankreich – was er sehr schrecklich fand –, zunächst in ein Internat in Montpellier, dann in eine öffentliche Schule. In Frankreich wurde er zu Jean. Schließlich emigrierte er mit der Familie in die USA, wo aus Jean ein John und aus Siegmund ein S mit Punkt wurde.
John Kafka gehört zu den führenden Psychoanalytikern und hatte auch sogleich Kontakt zu den nach Amerika emigrierten Schülern Freuds, Theodor Reik, Kurt Eissler, Erich Fromm usw. Er beschäftigte sich sogar mit dem nationalsozialistischen Zweig der Psychonalytischen Gesellschaft, den es auch gab. Die ausgesprochene „Verrücktheit“ des Holocaust führte zu Kafkas Beschäftigung mit Psychosen und zur Arbeit mit Psychotikern, die ihn auch bekannt machte. (Sein Buch „Jenseits des Realitätsprinzips: Multiple Realitäten in Klinik und Theorie der Psychoanalyse“ gilt als Standardwerk.)
Was sich in der Wohnung in Washington, Bethseda, zeigt, ist aber nicht nur das Geschäftsleben der in Linz und Urfahr eingesessenen Familie Kafka, sondern auch ihre Verbindungen zur literarischen Szene Wiens: etwa seines Onkels Rudolf Kafka, der bei seinen Wien-Aufenthalten mit Peter Altenberg die sehr jungen Mädchen teilte.
Am Ende des Washingtoner Abends – es wird Whisky gereicht – bestaunen wir im Wohnzimmer das „Lebende Bild“ eines großen US-Familienfotos: eine imponierende Gattin, Kinder, Zwillingsenkelkinder.
Was von den Kafkas aus Linz und Urfahr geblieben ist? John Kafka zeigt uns ein Maßband, ein Werbegeschenk seines Vaters und Onkels: „J. u. S. Kafka: Konservenfabrik“ ist darauf zu lesen.
19 SEIT WIR TOT SIND
(Sprecher, Sopran, Sopran)
Sprecher: Wir hören das Duett "Seit wir tot sind"
von Angela Raubal und Frieda Schauberger
Frieda: Geli
Geli: Frieda
Frieda: Geli
Geli: Frieda
Frieda: Geli
Geli: Frieda
Geli: Seit ich tot bin
Bin ich die tote Nichte
Vom Prinzregentenplatz
Mit dem Loch in der Lunge
Frieda: Seit ich tot bin
Liege ich am Balkon
Der Kaiservilla
Nackt und schiach
Geli und Frieda:
Seit wir tot sind
Sahen wir alle sterben
Seit wir tot sind
Sahen wir alle sterben
Alle von früher und heute
und noch viel mehr
und noch viele mehr
Geli: Alle aus der Spittelwiese
Frieda: Alle aus der Münchner Kamarilla
Geli: Alle aus Bad Ischl
Frieda Und dein Emil Maurice aus Westermoor
Geli: Und dein Maxi Böhm von der Metropol-Bar
... mit seinen achtzigtausend Witzen
Frieda: Seit ich tot bin
Denk ich an die wilde Zeit
Schon als Kinder
In der Schul’ b’soff’n
Geli: Seit ich tot bin
Seh ich den Lehrer Foppa
Bier in die Schule bringen
Und toten Fisch
Geli und Frieda:
Seit wir tot sind
Sahen wir alle sterben
Seit wir tot sind
Sahen wir alle sterben
Alle von früher und heute
Und auch Hermann, Robert und Jörg
(die nicht aufhören konnten)
Geli: Seit ich tot bin
Seh ich den armen Dr. Klug
Liebe ich den Alfred
Im Regen im Kürnberger Wald
Frieda: Seit ich tot bin
Bin ich mit Dir und
Onkel Wolf
Raus aus München hinaus
Geli: Hinaus in die Natur
Frieda: Hinauf nach Bayreuth
Geli: Hinauf an die See
Frieda: Hinauf auf den Berghof
Geli und Frieda:
Mit Mama und mit Leo
Und mit Rudolf und mit Putzi
Und dem Bechstein-Klavier
Geli und Frieda:
Seit wir tot sind
Sahen wir alle sterben
Seit wir tot sind
Sahen wir alle
Und noch viele Millionen mehr
Millionen mehr
Seit wir tot sind
Sind wir tot
Sprecher: Von der Maturaklasse 1927 sind naturgemäß alle tot.
Kurt Fink ist tot.
Gottfried Fosen ist tot.
Johann Groll ist tot.
Alois Gruber ist tot.
Walter Hemmelmayr ist tot.
Karl Hölzl ist tot.
Franz Huber ist tot.
Josef Jilka ist tot.
Alfred Klimesch ist tot.
Helmut Kühnelt ist tot.
Alfred Maleta ist tot.
Arnold Pillinger ist tot.
Karl Plank ist tot.
Angela Raubal ist tot.
Frieda Schauberger ist tot.
Wolfgang Schwinner ist tot.
Herbert Toscany ist tot.
Josef Wagner ist tot.
Josef Wallner ist tot
(und darüberhinaus sind noch viele Millionen mehr tot.)
20 DIE ZERSTÖRUNG DER WELT DURCH UNTERICHT
(Sehr flott gebautes Wortballett - für Sprechstimmen, für einige, für viele, für alle?)
L, L, L, L, L, L, L, L
Le, Le, Le, Le, Le, Le, Le, Le
Lei, Lei, Lei, Lei, Lei, Lei, Lei, Lei
Leis, Leis, Leis, Leis, Leis, Leis, Leis, Leis
Leist, Leist, Leist, Leist, Leist, Leist, Leist, Leist
Leistu, Leistu, Leistu, Leistu, Leistu, Leistu, Leistu, Leistu
Leistun, Leistun, Leistun, Leistun, Leistun, Leistun, Leistun, Leistun,
Leistung, Leistung, Leistung, Leistung, Leistung, Leistung, Leistung, Leistung
21 ZEUGNISARIE
(Mezzo)
(Text besteht nur aus dem, was auf einem Zeugnis steht: Namen, Daten, Gegenstände, Zeugnisnoten - sehr, sehr innig.)
Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, -zeugnis, -zeugnis, -zeugnis
Schuljahr, Schuljahr, Schuljahr Zweitausendachtzehn-neunzehn, neunzehn, neunzehn
Verhalten in der Schule zufriedenstellend
Deutsch genügend Englisch gut
Latein genügend und Mathematik befriedigend
Biologie ein Gut Chemie genügend
Physik befriedigend
Geschichte und Geografie genügend
Musik und Bildnerische und Werkerziehung befriedigend
Bewegung und Sport und Psychologie und Philosophie und Informatik gut
Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, -zeugnis, -zeugnis
Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, Jahres-, -zeugnis, -zeugnis
geht über in
22 ZEUGNISMUSIK
23 DIE SCHULE IST SEHR ALT
Sprechchor (sehr bestimmt):
Es ist eine alte Schule
Die Schule ist sehr alt
Es gibt sie schon seit langer Zeit
So alt ist sie
Es gibt sie schon seit vielen Jahren
Seit hunderten von Jahren
Sie ist seit Generationen überkommen
So alt ist sie
Sie war seit langer Zeit alt
Sie ist seit langer Zeit alt
Und sie wird lange Zeit alt sein
So alt ist sie
Es ist eine alte Schule
Die Schule ist sehr alt
Es gibt sie schon seit Generationen
So alt ist sie
(Sehr sehr alt)
Tenor: Die Schule besteht schon lange
Sie ist älter
Traditionell
Althergebracht
Sopran 1: Die Schule ist wohlbekannt
Wohlbekannt wohlbekannt
Bariton: In der Stadt und auf dem Land
Damals und heute
Sopran 2: Vergangenheit Vergangenheit
Klassisch
Baßbariton: Ehemalig ehemalig
Überliefert überliefert
Geschichtlich
Mezzo: Historisch betagt
Alle Sänger: So alt ist sie
Chor:
Es ist eine alte Schule
Die Schule ist sehr alt
Sehr alt
Es gibt sie schon seit langer Zeit
So alt ist sie
Sie ist alt seit langer Zeit
So alt ist sie
Die Schule ist sehr alt
Ist sie seit langer Zeit
Sehr langer Zeit
So alt ist sie
Die Schule ist sehr alt
Tenor: Die Schule
Sopran1: Die Kinder
Bariton: Ist sehr alt
Sopran2: Sind heute
Baßbariton: Es gibt sie
Mezzo: Die Kinder
Tenor: Schon lange
Sopran1: Sind jung
Bariton: Urteilen
Sopran2: Koope-
Baßbariton: Und prüfen
Mezzo: -ration
Tenor: Bewerten
Sopran1: Und Demo-
Bariton: Benoten
Sopran2: -kratie
Baßbariton: Leistung
Mezzo: Die Kinder
Tenor: Wettstreit
Sopran1: Sind heute
Bariton: Teilen
Sopran2: Die Kinder
Baßbariton: Und herrschen
Mezzo: Sind jung
Tenor: Die Schule
Sopran1: Und wo ist
Bariton: Ist sehr alt
Sopran2: Die Zukunft?
Baßbariton: Es gibt sie
Mezzo: Wo ist die
Tenor: Schon lange
Sopran1 u.a.: Hoffnung
Chor, alle: Die Schule
24 DER STOTTERER FINE
beendet das Stück. "Es" ist nicht zu überwinden, - kein Wort kommt raus.
Fine
25 DER UNSTUMME CHOR
Chor: A-
Ein Schauspieler:
Links die Tafel zum Gedenken an "unsere" Toten des 1. Weltkriegs
Eine Schauspielerin:
Rechts die Tafel zum Gedenken an "unsere" Toten des 2. Weltkriegs
Ein anderer Schauspieler:
Zwei Mal legten wir die Welt in Schutt und Asche
Eine andere Schauspielerin:
Und zwei Mal schlugen wir dann
Der erste Schauspieler:
die Namen der toten Todbringer in Stein
Die erste Schauspielerin:
Und wo sind die Namen der anderen?
Chor:
Wo?
Wo sind die Namen der anderen?
Der Ausgestoßenen, der Vertriebenen?
Wo?
Wo?
Erich Quer
Adolf Fürst und Georg Krens
Felix Kurrein
Hans Kronberger
Paul Hartmann und Johann Kafka
Paul Eisenberger
Wer fehlt?
Wo sind die anderen?
Wo?
---
Diese Musiken können willkürlich in das Stück eingeschoben werden, wie reingeschnitten. Vielleicht sogar marktschreierisch angekündigt.
26 1938
Jemand: 1938
27 1968
Eine Stimme: Ein Klang des Jahres 1968
28 1999
Jemand: Der Klang von 1999
29 2019
Jemand: Das ist (eventuell) der Klang des Jahres 2019